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19. März 2022

KIWI zu Gast bei Naturfreunden: Gewinnungsstätten – Hotspots der Artenvielfalt

Rohstoff-Gewinnungsstätten wie Kiesgruben und Baggerseen sind Hotspots der Artenvielfalt. Die Bedeutung dieser Stätten im Detail vorzustellen, war daher das Ziel des gemeinsamen Online-Umwelttreffens zwischen Vertreter:innen der Initiative „KIWI - Kieswirtschaft im Dialog am Oberrhein“ und der Naturfreunde Baden und Württemberg. Das Ergebnis: Man hat voneinander gelernt und will weiter in Kontakt bleiben. „Genau für solche Dialoge haben wir unsere Initiative gegründet“, sagte KiWi-Beiratsmitglied Thorsten Volkmer, der die Initiative in seinem Vortrag vorstellte. „Wir alle wissen zu wenig voneinander, und das wollen wir ändern.“

Bedeutung der mineralischen Rohstoffe

Thorsten Volkmer, Geschäftsführer mehrerer Werke der Kies und Beton AG, präsentierte die Branche: „Wir sind eine reine Bedarfsdeckungsindustrie, welche die lokale und regionale Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen befriedigt. Unsere Schüttgüter sind viel zu schwer, als dass es sich lohnen würde, sie über weite Strecken zu transportieren. Deshalb können wir Emissionen durch weite Transporte vermeiden, wenn wir weiterhin auf dezentrale Gewinnungsstätten setzen.“ Ein wichtiger Aspekt angesichts der wachsenden Bedeutung das Klimaschutzes. Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wie Steine, Kies und Sand ist groß. Rechnerisch benötigt jeder Bundesbürger ein Kilogramm Steine pro Stunde, und zwar zu den unterschiedlichsten Zwecken. Der Großteil geht in den Wohnungs- und Infrastrukturbau, aber auch die chemische Industrie, die Elektronik- und die Lebensmittelindustrie benötigen solche Ausgangsmaterialien. „Wir sind ein fester Bestandteil dieser Gesellschaft, und unsere Industrie ist unverzichtbar für unseren Wohlstand. Das macht man sich leider viel zu selten klar“, hielt Thorsten Volkmer fest.

Baggerseen als Hotspot für Tiere

Dr. Werner Dieter Spang, Geograph und Umweltplaner, stellte nicht die Ökonomie, sondern die Ökologie von Gewinnungsstätten in den Mittelpunkt. Baggerseen seien für die biologische Vielfalt in der Oberrheinebene unverzichtbar, erklärte er. Durch die Gewinnung von Kies und Sand schaffe der Mensch eine ungewöhnliche Strukturvielfalt, wie es sie in der heutigen Landschaft nur noch sehr selten gebe. Hinzu komme die Nährstoffarmut der Gewässer: „Hier können sich auch während der Gewinnung pflanzliche und tierische Pionierarten ansiedeln, die es sonst nur sehr schwer hätten.“ Spang führte im Detail zahlreiche Lebewesen auf, welche in und um Baggerseen anzutreffen sind: Plankton, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Insekten und Pflanzen finden hier Lebensräume, die ihre Existenz sichern helfen. „Die Kieswirtschaft am Oberrhein spielt auch in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Viele Arten existieren in unseren Baggerseen, nicht obwohl, sondern weil Rohstoffgewinnung stattfindet“, so Spang.

360 ° Kieswerk: Virtueller Rundgang um einen Baggersee

Das untermauert ein virtueller Rundgang um einen Baggersee, den Thorsten Volkmer vorstellte: Bei diesem virtuellen Rundgang lassen sich alle Aspekte rund um die Kiesförderung beleuchten und entdecken: Von der Pflanzen- und Tierwelt im See, in den Flachwasserzonen und an den Ufern bis hin zu den technischen Aspekten der Förderung und Verladung. Und man erfährt, dass die baden-württembergische Rohstoffindustrie und ihr Verband ISTE seit über zwei Jahrzehnten mit dem NABU zusammenarbeitet in Sachen Natur- und Artenschutz. Thomas Beißwenger, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) weitete den Blick vom Oberrhein hin zu den über 500 Gewinnungsstätten im ganzen Bundesland. Sie nähmen nur einen Bruchteil der Landesfläche ein, sagte er – deutlich weniger als Natur- oder Landschaftsschutzgebiete: „Wir sind in Baden-Württemberg reich an mineralischen Rohstoffen, aber auch reich an Restriktionen“, sagte er mit Blick auf die Bedeutung dezentraler Gewinnungsstätten und langfristiger Rohstoffsicherung. Recycling mineralischer Rohstoffe spiele auch heute schon eine wichtige Rolle in der Industrie. Rolle in der Industrie. Weit über 90 % der Bauabfälle werden schon jetzt recycelt und einer Folgenutzung zugeführt. Jedoch entstehen in Baden-Württemberg gerade einmal ca. 40 Mio. Tonnen Bauabfälle und Aushubmassen im Jahr. Das sind gerade einmal 40 % vom Jahresbedarf. Viele der Aushubmassen können aber nicht als hochwertiger Baustoff eingesetzt werden. Aus Mutterboden kann man bisher noch keinen Beton machen. So stehen derzeit gerade einmal ca. 10 Mio. t pro Jahr für eine Verwertung als Baustoff zur Verfügung. Darunter fallen Asphaltfräsgut oder Betonabbruch. Hier ist die Industrie stets an einer Weiterentwicklung und Steigerung der Wiederverwertungsquote interessiert. Aber Gutachten sehen eine Maximale Steigerung um 20% bzw. auf 12 Mio. t pro Jahr als machbar an. Damit fehlen weiterhin rund 88 Mio. Tonnen Primärrohstoffe, die in Steinbrüchen oder Sand- und Kiesgruben gewonnen werden müssen.

Hier geht es zu informativen und unterhaltsamen Filmen zum Thema Rohstoffe